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Peter Gaymann. Kunst kommt von Kaufen.
Austellung im Museum für Neue Kunst.

Dieses Jahr feiert das Museum für Neue Kunst sein 30-jähriges
Jubiläum – und Peter Gaymann, vielseitiger Cartoonist mit
Freiburger Wurzeln, seinen 65. Der ideale Zeitpunkt für eine
gemeinsame Geburtstagsausstellung, die die Institution
Museum und den Kunstbetrieb mit viel Humor unter die Lupe
nimmt. „Peter Gaymann. Kunst kommt von Kaufen“ läuft von
Samstag, 27. Juni, bis Sonntag, 25. Oktober.

Museum und Cartoon haben viel gemeinsam: Sie hinterfragen,
bewerten, formen und vermitteln gesellschaftliche Themen neu
und auf unterschiedliche Weise. Beide brauchen ihr Publikum,
fordern es heraus und sorgen für Überraschungen.

Mit einer solchen beginnt auch die Ausstellung: Die
Besucherinnen und Besucher starten ihren Rundgang im
Museumsshop. Vielleicht wäre eine Tasse oder ein
Schmuckstück das passende Souvenir? Aber gleich am
Anfang? Ist das nicht zu kommerziell? Peter Gaymann hat für
den Laden zahlreiche Unikate angefertigt, die sich für die
Massenproduktion eignen würden: Fan-Artikel, humorvolle
Dekors oder witzige Geschenke. Allerdings sind sie hier
einmalig und unverkäuflich. Augenzwinkernd steigt das
Museum für Neue Kunst so in die Selbstreflektion ein. Denn
längst sind die Shops fester Bestandteil in den meisten
Museen, die mit diesen Einnahmen kalkulieren müssen – auch
in Freiburg. Der Besuch der Verkaufsräume dauert manchmal
genauso lange, wie der einer Ausstellung. So funktioniert die
teils notwendige, teils überzogene Vermarktungsmaschinerie in
Institutionen, deren Inhalte eigentlich ideelle Werte sind.

Auch bei den folgenden Stationen geht es überraschend weiter:
Für die Dauer der Ausstellung hat Gaymann sein Atelier in
Köln ab- und in Freiburg wieder aufgebaut. Hin und wieder wird
er hier zeichnen. Der sonst verborgene, private Ort der
Produktion wird so öffentlich. Und auch wenn der Cartoonist
abwesend ist, gibt es viel zu entdecken. Etwa Fundstücke, die
irgendwann als Inspiration gedient haben oder dienen werden.
Oder Objekte wie Collagen, die parallel zu den Zeichnungen
entstehen. Gaymanns Sinn für skurrile Verbindungen kommt
hier zum Ausdruck.

In der Serie Reif fürs Museum widmet sich Peter Gaymann
den Themen Museum und Kunstbetrieb. Er reflektiert den
Umgang mit und die Erwartungen an die Kunst, hinterfragt die
Rolle von Künstlerinnen und Künstlern, Sammlerinnen und
Sammlern. Dabei charakterisiert er mit spitzer Feder
unterschiedliche Typen. Er pointiert die Absurditäten des
Kunstmarktes und beobachtet die Museumsbesucher. Zu sehen
sind sowohl Originalzeichnungen als auch vergrößerte
Reproduktionen.


Die Cartoons am laufenden Meter zeigen Endloszeichnungen
auf langen Papierbahnen, bei denen ein Thema ins nächste
übergeht. Sie sind, in handliche Meterware zerteilt, tatsächlich
käuflich. Wie verändert es den Ausstellungsbesuch, wenn man
eine Originalzeichnung erwerben und mit nach Hause nehmen
kann?


Bei den 99 Cartoons sind die Arbeiten von Zeichnerinnen und
Zeichner aus hundert Jahren Cartoongeschichte zu sehen.
Trotz ihrer Unterschiede haben sie ein gemeinsames Thema:
Die Kunst und ihre Produktion, Rezeption und Vermarktung.
Sichtbar sind zunächst nur die Texte. In der Trennung vom Bild
erscheinen sie unverständlich oder gar absurd. Erst wenn man
einen Text aktiv mit einem Scanner einliest, wird der
vollständige Cartoon an die Wand projiziert. Gewöhnlich liest
man Cartoons allein. Hier aber geht es um das gemeinsame
Schauen und Beobachten der Reaktionen anderer Gäste.


In der offenen Cartoon-Werkstatt können die Besucherinnen
und Besucher selbst kreativ werden. Tipps und Tricks geben
Studierende der Pädagogischen Hochschule Freiburg zu
festgelegten Zeiten. In Workshops kann das Know-how vertieft
werden.

Natürlich dürfen auch Peter Gaymanns Cartoonbücher nicht
fehlen. Seit den frühen siebziger Jahren hat er über siebzig
davon veröffentlicht, in der Ausstellung sind sie alle vereint zu
sehen. Seinen Beruf als Sozialpädagoge hatte er damals an
den Nagel gehängt, um als freiberuflicher Cartoonist zu
arbeiten. Populär sind heute vor allem sein Markenzeichen, das
Huhn, und die „Paarbeziehungen“ aus der Frauenzeitschrift
Brigitte. Daneben greift Gaymann immer wieder neue,
gesellschaftlich viel diskutierte Themen wie Demenz und
Burnout auf und begegnet ihnen mit einer unerwarteten,
befreienden Pointe.


Alle ausgestellten Cartoons wurden vom Comicspezialisten
Ulrich Pröfrock ins Englische und Französische übersetzt. Ein
umfangreiches Veranstaltungsprogramm begleitet die Schau.
Der Buchungsservice informiert unter Telefon 0761 / 201-2501
oder per Mail an museumspaedagogik@stadt.freiburg.de über
Führungen und Angebote für Schulen, Kindergärten und
inklusive Gruppen.


An der Gestaltung der Ausstellung haben das Schweizer
Architekturbüro HHF Architekten und die Kölner
Traditionsschreinerei Engels & Boisserée mitgewirkt.


Das Museum für Neue Kunst, Marienstraße 10a, ist dienstags
bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 7
Euro, unter 18 Jahren und mit Museums-Pass-Musées ist er
frei.
 
Eintrag vom: 29.06.2015  




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